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Reisekostenbegriff und erste Tätigkeitsstätte

Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 gelten die neuen Reisekostenvorschriften des EStG. Der Gesetzgeber hält dabei an der bisherigen Grundkonzeption der beruflichen Auswärtstätigkeit fest und lässt die Definition der Reisekosten unverändert. Reisekosten sind wie bisher Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten und Reisenebenkosten, wenn diese durch eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit des Arbeitnehmers entstehen. Allerdings erfährt die Bestimmung der beruflichen Auswärtstätigkeit eine wichtige Änderung. Die Frage, welche Tätigkeit an den in der Berufswelt unterschiedlichen Beschäftigungs- und Einsatzstätten eine berufliche Auswärtstätigkeit begründet, bestimmt sich ab 2014 ausschließlich nach dem neuen Arbeitsstättenbegriff "erste Tätigkeitsstätte", der an die Stelle der bisherigen regelmäßigen Arbeitsstätte tritt. Eine berufliche Auswärtstätigkeit liegt danach vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte (bis 31.12.2013: regelmäßigen Arbeitsstätte) beruflich tätig wird. Die Anwendung der lohnsteuerlichen Reisekostenvorschriften ist damit untrennbar mit der Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte verbunden. Sie entscheidet für Reisetage ab 1.1.2014 darüber, ob die jeweilige Reisetätigkeit unter die Reisekosten oder die Entfernungspauschale fällt. Nur wenn der tatsächliche Einsatzort des Arbeitnehmers nicht zugleich seine erste Tätigkeitsstätte ist, können Reisekosten gewährt werden.

Im Folgenden sind die Voraussetzungen der lohnsteuerlichen Reisekostendefinition "berufliche Auswärtstätigkeit" sowie die damit verbundene Begriffsbestimmung der "ersten Tätigkeitsstätte" dargestellt. Mit den hierfür gesetzlich festgelegten Kriterien erfährt der neue Arbeitsstättenbegriff auch inhaltlich eine grundlegend Neuausrichtung. Anders als bei der bis 2013 maßgebenden regelmäßigen Arbeitsstätte erfolgt die Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen dessen arbeitsrechtlichen Direktionsrechts. Die Abgrenzung nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit ist nicht mehr zu beachten.
 

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbeteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BStBl 2013 I S. 188 wird das bisherige Verwaltungsrecht in den Lohnsteuer-Richtlinien durch ein gesetzliches Regelwerk im Einkommensteuergesetz (EStG) abgelöst. Reisekosten können vom privaten Arbeitgeber in den Grenzen des § 3 Nr. 16 EStG (öffentlicher Dienst § 3 Nr. 13 EStG) steuerfrei erstattet werden; ansonsten sind sie nach § 9 EStG als Werbungskosten abzugsfähig. In Betracht kommen Fahrtkosten gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG, Verpflegungsmehraufwendungen gem. § 9 Abs. 4a EStG, Übernachtungskosten gem. 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG und Reisenebenkosten gem. R 9.8 LStR, H 9.8 LStH. Ein umfangreiches Einführungsschreiben des BMF versucht, für die in Lohnsteuerpraxis bedeutsamen Fragen Antworten und Hilfestellungen zu geben (BMF, Schreiben v. 24.10.2014, IV C 5 – S 2353/14/10002).

1 Berufliche Auswärtstätigkeit
1.1 Einheitliche Reisekostenart auswärtige berufliche Tätigkeit

Der Gesetzgeber hat auf eine ausdrückliche (Neu-)Definition der Reisekosten im EStG verzichtet. Der Reisekostenbegriff bleibt unverändert. Er ergibt sich aus dem Zusammenwirkungen der vom Gesetzgeber gewählten Begriffsbestimmung der "ersten Tätigkeitsstätte" und des in Abhängigkeit von diesem Arbeitsort festgelegten Reisekostenabzugs. Reisekosten sind danach wie bisher Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Übernachtungskosten und Reisenebenkosten, wenn diese durch eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit des Arbeitnehmers entstehen. Der Gesetzgeber hält damit an der bisherigen Systematik der einzigen und einheitlichen Reisekostenart "berufliche Auswärtstätigkeit" für sämtliche dienstliche Tätigkeiten außerhalb der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte fest.

Allerdings erfährt der Reisekostenbegriff der "beruflichen Auswärtstätigkeit" eine wichtige Änderung. Die Frage, welche Tätigkeit an den in der Berufswelt unterschiedlichen Beschäftigungs- und Einsatzstätten eine berufliche Auswärtstätigkeit begründet, bestimmt sich ab 2014 nicht mehr danach, wo der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte hat. Eine reisekostenrechtliche Auswärtstätigkeit liegt künftig immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit liegt ebenfalls vor, wenn der Arbeitnehmer typischerweise nur an wechselnden Einsatzstellen oder auf einem Fahrzeug tätig wird.
Der Umfang der Reisekostenvergünstigung für berufliche Reisetätigkeiten wird nicht nach der Art der Auswärtstätigkeit bestimmt. Reisekosten sind danach
                  •    Fahrtkosten,
                  •    Verpflegungsmehraufwendungen und
                  •    Übernachtungskosten sowie
                  •    Reisenebenkosten,
die durch den einheitlichen Reisekostenbegriff "berufliche Auswärtstätigkeit" des Arbeitnehmers entstehen. Alle dienstlichen Reisetätigkeiten, die im Berufsleben möglich sind, werden mit denselben Fahrt- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungspauschalen begünstigt, unabhängig von der jeweiligen auswärtigen Einsatz- und Tätigkeitsstätte.

Praxis-Beispiel

Berufliche Auswärtstätigkeit als einheitliche Reisekostenart
Ein Facharbeiter eines Elektroinstallateurbetriebs ist ausschließlich auf auswärtigen Baustellen eingesetzt, die er täglich von zuhause mit seinem Pkw aufsucht.
Die Einsätze auf den Baustellen begründen eine berufliche Auswärtstätigkeit, da der Arbeitnehmer insoweit nicht an einer ersten Tätigkeitsstätte tätig ist. Sämtliche Fahrten fallen unter die Reisekostenvorschriften. Für die Gesamtstrecke darf der Kilometersatz von 0,30 EUR dem Werbungskostenabzug beim Arbeitnehmer oder steuerfreien Ersatz durch den Arbeitgeber zugrunde gelegt werden, auch wenn die Einsatzstelle weniger als 30 km von der Wohnung entfernt ist.

1.2 Bedeutung der ersten Tätigkeitsstätte

Mit der Ablösung der regelmäßigen Arbeitsstätte, die sich einer ständig ändernden Rechtsprechung ausgesetzt sah, erfolgt mit dem Begriff der ersten Tätigkeitsstätte auch inhaltlich eine grundlegende Neuausrichtung der vom Gesetzgeber hierfür festgeschriebenen Kriterien. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte wird vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen dessen Direktionsrecht bestimmt und dient damit der Vereinheitlichung von arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Reisekostenvergütungen. Die bisherige wenig praxisorientierte qualitative Abgrenzung nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit ist nicht mehr zu beachten.

Praxis-Tipp
Arbeitgeberseitige Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte
Der Arbeitgeber hat es damit in der Hand, jedem seiner Mitarbeiter diejenige erste Tätigkeitsstätte zuzuordnen, die den jeweiligen betrieblichen Wünschen und Bedürfnissen am besten Rechnung trägt. Die Entscheidung wird dabei häufig nicht nur unter dem Blickwinkel des betrieblichen Reisekostenrechts zu treffen sein, sondern insbesondere bei Firmenwageninhabern auch mit Rücksicht auf eine günstige Dienstwagenbesteuerung.
Die neue Reisekostendefinition ist damit untrennbar mit der Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte verbunden. Nur wenn die tatsächliche Arbeitsstätte nicht zugleich auch die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers darstellt, ist die Gewährung von Reisekosten möglich.

Hinweis
Erste Tätigkeitsstätte: Reisekosten oder Entfernungspauschale
Ab 1.1.2014 entscheidet die erste Tätigkeitsstätte darüber, ob der jeweilige berufliche Einsatz
                        •    eine unter die Reisekosten fallende berufliche Auswärtstätigkeit darstellt, weil der Arbeitnehmer hierbei nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird oder
                        •    unter die Regelung der Entfernungspauschale fällt, weil es sich um die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handelt, für die der Ansatz von Reisekosten ausgeschlossen ist. Der Fahrtkostenersatz durch den Arbeitgeber ist in diesen Fällen lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn. Bei der Firmenwagenüberlassung liegt ein geldwerter Vorteil vor.

2 Erste Tätigkeitsstätte ab 2014
Ab 2014 ist der Mittelpunkt der dauerhaften beruflichen Tätigkeit erstmals gesetzlich und gleichzeitig inhaltlich neu als erste Tätigkeitsstätte definiert. Die Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte wird vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen dessen Direktionsrecht bestimmt und dient damit der Vereinheitlichung von arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Reisekostenvergütungen. Die bisherige wenig praxisorientierte qualitative Abgrenzung nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit ist nicht mehr zu beachten. Gesetzlich ausdrücklich geregelt ist, dass jeder Arbeitnehmer kann pro Dienstverhältnis maximal eine erste Tätigkeitsstätte haben kann.[1]

2.1 Die gesetzlichen Kriterien der ersten Tätigkeitsstätte
Der Gesetzgeber definiert die erste Tätigkeitsstätte als ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.[1] Wie bisher kann der Arbeitnehmer pro Dienstverhältnis maximal eine erste Tätigkeitsstätte haben. Die gesetzliche Definition verlangt folgende Kriterien, damit ein Beschäftigungsort des Arbeitnehmers zur ersten Tätigkeitsstätte wird. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer

                  •    an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung

◦   des Arbeitgebers,
◦   eines verbundenen Unternehmens i. S. d. § 15 AktG,
◦   eines vom Arbeitgebers bestimmten Dritten tätig ist,

                  •    der er dauerhaft zugeordnet ist.

Der reisekostenrechtliche Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist damit im Wesentlichen durch 2 Voraussetzungen gekennzeichnet: Das Vorhandensein einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung und der dauerhaften Zuordnung zu diesem Tätigkeitsort. Ab 1.1.2014 entfällt die bisherige Prüfung, wo der Arbeitnehmer seinen dauerhaften Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit hat bzw. welcher betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers die zentrale Bedeutung gegenüber anderen Tätigkeitsorten zukommt. Gleichzeitig wird die hierzu ergangene, über Jahre hinweg sich an ständig neuen Abgrenzungskriterien orientierende BFH-Rechtsprechung gegenstandslos.[2] Die ab 2014 geltenden gesetzlichen Reisekostenbestimmungen sind demnach erst einmal "rechtsprechungsfrei". Ein erfreulicher Zustand, der aber aller Voraussicht nach leider nicht von allzu langer Dauer sein dürfte.

2.2 Ortsfeste betriebliche Einrichtung
Nach der vom Gesetzgeber vorgenommenen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte kommen hierfür nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen in Frage. Der Gesetzgeber folgt insoweit dem vom BFH zum bisherigen Arbeitsstättenbegriff aufgestellten Grundsatz, dass nur ortsfeste Einrichtungen eine ausreichend sichere Abgrenzung gegenüber der beruflichen Auswärtstätigkeit gewährleisten können.[1] Ein Hochseeschiff bzw. Marineboot kann danach keine ortsfeste betriebliche regelmäßige Arbeitsstätte sein. Dasselbe gilt für andere Fahrzeuge, wie der Lkw eines Speditionsfahrers, der Reise- oder Linienbus, Züge, Straßenbahnen u. a. Schienenfahrzeuge, aber auch Flugzeuge.

Wichtig
Reisekosten auch für berufliche Fahrtätigkeit oder Einsatzwechseltätigkeit

Die Beschränkung der ersten Tätigkeitsstätte auf ortsfeste Einrichtungen bedeutet nicht, dass der Personenkreis der ausschließlich auf Fahrzeugen eingesetzten Arbeitnehmer keine Reisekosten erhalten kann. Entscheidend für das Vorliegen einer begünstigten Auswärtstätigkeit ist auch nach dem neuen steuerlichen Reisekostenrecht, dass der Arbeitnehmer bei seiner konkreten Arbeitsausübung nicht an einer ersten Tätigkeitsstätte tätig ist. Diese Voraussetzung wird aber gerade auch von Arbeitnehmern erfüllt, die keine ortsfeste Beschäftigungsstelle haben. Einen entsprechenden klarstellenden Hinweis findet sich im folgenden Richtlinientext[2], der weiterhin Gültigkeit hat: "Eine berufliche Auswärtstätigkeit liegt ebenfalls vor, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Einsatzstellen oder auf einem Fahrzeug tätig wird."

Als erste Arbeitsstätte kommen wie bisher der Betrieb oder ein Zweigbetrieb in Betracht. Außerdem können Bus- oder Straßenbahndepots sowie Fahrkartenverkaufsstellen eine erste Tätigkeitsstätte begründen.

Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte bei Fahrtätigkeit
Ein Speditionsfahrer ist jeweils von Montag bis Freitag ausschließlich mit seinem Tankzug unterwegs. Seinen Lkw übernimmt er jeweils am Montagmorgen am Fahrzeugstandort seines Arbeitgebers, wo er ihn am Freitagmittag im Anschluss an die vorzunehmenden Wartungs- und Reinigungsarbeiten übers Wochenende im firmeneigenen Fahrzeugdepot wieder abstellt. Im Anstellungsvertrag ist der Betriebsstandort des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte festgelegt.

Aufgrund der arbeitsrechtlichen Festlegung begründet das Fahrzeugdepot als ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers die erste Tätigkeitsstätte des Lkw-Fahrers. Die Wochentour mit dem Tankzug fällt jeweils unter die reisekostenrechtlich begünstigte berufliche Auswärtstätigkeit. Die Fahrten zwischen Wohnung und Fahrzeugstandort dürfen dagegen nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

Keine ortsfesten betrieblichen Einrichtungen und damit erste Tätigkeitsstätten sind öffentliche (Bus-)Haltestellen oder Schiffsanlegeplätze oder andere Tätigkeitsgebiete ohne weitere ortsfeste Arbeitgebereinrichtungen. An den Begriff ortsfeste betriebliche Einrichtung sind keine besonderen baurechtlichen Anforderungen geknüpft. Die arbeitgebereigenen Einrichtungen müssen nicht die bewertungsrechtlichen Kriterien eines Gebäudes erfüllen. Auch in Containerbauweise erstellte Räumlichkeiten können als erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers dienen, wenn es sich um dauerhafte betriebliche Einrichtungen handelt.

Der Begriff "ortsfest" ist in Abgrenzung zu örtlich fortschreitenden, nur vorübergehend für bestimmte Zeit installierte Baulichkeiten des Arbeitgebers zu verstehen. Ein Gleisbauzug erfüllt diese Voraussetzung nicht. Baucontainer auf einer Baustelle stellen ortsfeste” betriebliche Einrichtungen dar, wenn sie auf einer Großbaustelle über einen längeren Zeitraum aufgestellt und mit dem Erdreich fest verbunden sind. Zu denken ist an Baubüros, Aufenthaltsräume oder Sanitäreinrichtungen, die in Containerbauweise auf Baustellen eingerichtet sind. Befinden sich auf einem Betriebs-/Werksgelände mehrere ortsfeste betriebliche Einrichtungen, so handelt es sich dabei nicht um mehrere, sondern nur um eine erste Tätigkeitsstätte.

2.3 Arbeitgebereigene oder andere arbeitgeberfremde Einrichtung
Der Anwendungsbereich der ersten Tätigkeitsstätte ist weiter gefasst als der Begriff der früheren regelmäßigen Arbeitsstätte. Während der ortsgebundene Tätigkeitsmittelpunkt nur an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers begründet werden konnte, kann nach dem Wortlaut des Gesetzes die erste Tätigkeitsstätte auch eine betriebliche Einrichtung eines Konzernunternehmens (=verbundenes Unternehmen i. S. d. § 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten fremden Dritten sein, wenn der Arbeitnehmer diesem Einsatzort dauerhaft arbeitsrechtlich zugeordnet ist oder aber aufgrund des zeitlichen Umfangs der dort verrichteten Arbeiten dauerhaft quantitativ tätig wird.[1]Langfristige Tätigkeiten an betriebsfremden ortsfesten Einrichtungen, etwa bei einem Kunden des lohnsteuerlichen Arbeitgebers, können damit zu einer ersten Tätigkeitsstätte führen. Das Entsprechende gilt für Entsendungen im Rahmen von Konzernunternehmen oder Outsourcing-Fällen sowie den Einsatz von Zeitarbeitnehmern beim Entleiher, wenn es sich hierbei um dauerhafte Tätigkeiten an der fremden (=nichtarbeitgebereigenen) Einrichtung im Sinne einer dauerhaften Zuordnung handelt.

Wichtig

Keine erste Tätigkeitsstätte durch Dienstleistungen Dritter
Die arbeitsrechtliche Zuordnung zum einem Dritten ist auch im Zusammenhang mit dort dauerhaft verrichteten Hilfs- und Nebentätigkeiten möglich. Das Tätigwerden beim Dritten muss aber einen Bezug zur Haupttätigkeit aufweisen. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer bei dem Dritten oder verbundenen Unternehmen z. B. nur eine Dienstleistung des Dritten in Anspruch nimmt oder einen Einkauf tätigt. Durch Besorgungen in Geschäften kann dort keine erste Tätigkeitsstätte begründet werden.

Die bisherige Besteuerungspraxis, nach der im Einklang mit der Rechtsprechung[2] auch eine mehrjährige ausschließliche Tätigkeit im Betrieb des Kunden keine regelmäßige Arbeitsstätte begründet, ist durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Erweiterung auf arbeitgeberfremde ortsfeste Einrichtungen überholt. Im Entscheidungsfall war ein Arbeitnehmer über einen Zeitraum von 20 Jahren arbeitstäglich ausschließlich im Betrieb des Kunden eingesetzt. Ungeachtet der jahrelangen Dauer des Kundeneinsatzes lehnte der BFH den Reisekostenabzug ab, weil der Arbeitgeber am auswärtigen Beschäftigungsort über keine eigene Betriebsstätte (= arbeitgebereigene Einrichtung) verfügte. Ab 1.1.2014 kommt auch jede betriebliche Einrichtung eines Dritten als erste Tätigkeitsstätte in Frage, der ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dauerhaft zugeordnet ist, also aufgrund der zukunftsorientierten Betrachtungsweise dort unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren eingesetzt werden soll.[3]

Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte beim Kunden

Ein EDV-Systemberater ist nach den arbeitsvertraglichen Abmachungen mit seinem Arbeitgeber seit 10 Jahren ausschließlich für die EDV-Systembetreuung und EDV-Systemberatung der Fa. Chemie AG zuständig, die er arbeitstäglich von zu Hause aus aufsucht.

Der mehrjährige Einsatz bei der Fa. Chemie AG führt ab 1.1.2014 zur ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers. Da eine dauerhafte Zuordnung zur betrieblichen Einrichtung des Kunden vorliegt, kann der Arbeitnehmer keine Reisekosten in Anspruch nehmen. Die Fahrtenkosten unterliegen den Regeln der Entfernungspauschale. Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ist ausgeschlossen. Wenn dem Arbeitnehmer ein Firmenwagen zur Verfügung steht, löst die Neuregelung ab 2014 einen geldwerten Vorteil für die Fahrten zum Kunden aus, der sich bei der 1-%-Methode mit 0,03 % des inländischen Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer berechnet.



Entsprechend der gesetzlichen Zielsetzung bietet der neue Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dem Arbeitgeber im Beispielsfall aber auch die Möglichkeit, die bisherige steuerlich günstigere Behandlung als berufliche Auswärtstätigkeit fortzuführen. Im Rahmen seines Direktionsrechts hat er es in der Hand, die eigene Firma im Wege der arbeitsrechtlichen Zuordnung als erste Tätigkeitsstätte festzulegen, wenn der Arbeitnehmer dort von Zeit zu Zeit Tätigkeiten – also wenigstens in geringem Umfang – ausübt, auch wenn diese im Vergleich zur Arbeitsleistung beim Kunden von untergeordneter Bedeutung sind (Vorrang der arbeitsrechtlichen Festlegung). Durch das Prinzip der primär arbeitsrechtlich bestimmten Definition der ersten Tätigkeitsstätte würde der Arbeitnehmer in diesem Fall für die gesamte Einsatzdauer von mehr als 10 Jahren im vorigen Beispiel unter die Reisekostenregelung fallen. Für die Verpflegungskosten ist allerdings die gesetzliche 3-Monats-Frist zu beachten. Bei der Firmenwagenüberlassung liegt insoweit kein geldwerter Vorteil vor.



 

Wichtig

Erste Tätigkeitsstätte bei Dritten

Die Ausdehnung des neuen Arbeitsstättenbegriffs, wonach als erste Tätigkeitsstätte nicht nur eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, sondern auch andere (= betriebsfremde) ortsfeste Einrichtungen in Betracht kommen, führt zu einem Rückgang der reisekostenrelevanten Sachverhalte. Da der Einsatz beim Kunden in diesen Fällen keine berufliche Auswärtstätigkeit mehr darstellt, kann der Arbeitnehmer für die Arbeit zu diesen Einsatzorten auch keine Reisekosten erhalten. Die Fahrten zum Arbeitsort fallen unter die Regeln der Entfernungspauschale, für die ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ausgeschlossen ist. Nach bisheriger Rechtsauslegung können Tätigkeiten an arbeitgeberfremden Einrichtungen keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen und damit den Reisekostenbegriff der beruflichen Auswärtstätigkeit erfüllen, auch wenn die Tätigkeit beim Kunden längerfristig über einen Zeitraum von mehreren Jahren angelegt ist.[4]



Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist – wie bisher – keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher auch im Rahmen der ab 2014 anzuwendenden Reisekostenvorschriften keine erste Tätigkeitsstätte sein. Auch dann, wenn der Arbeitgeber die zum Wohnbereich gehörenden (Arbeits-)Räume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind, handelt es sich bei einem Home-Office um einen Teil der Wohnung des Arbeitnehmers. Hieraus ergeben sich für den Arbeitnehmer zunächst keine Nachteile für die Fahrten zum Arbeitgeber, solange der Arbeitnehmer dort nicht seine erste Tätigkeitsstätte hat. Ist der Arbeitnehmer dagegen dauerhaft der betrieblichen Arbeitgebereinrichtung zugeordnet, fallen die Fahrten vom Home-Office insoweit unter die Entfernungspauschale; dies hat beim Firmenwageninhaber die Erfassung eines zusätzlichen geldwerten Vorteils zur Folge.



 

Wichtig

Home-Office und weiträumiges Arbeitsgebiet keine erste Tätigkeitsstätten

Ein Home-Office stellt keine betriebliche Einrichtung dar und kann infolgedessen auch beim neuen Reisekostenrecht keine erste Tätigkeitsstätte begründen. Dasselbe gilt für ein weiträumiges Arbeitsgebiet. Ist der Arbeitnehmer in einem weiträumigen Arbeitsgebiet tätig, übt er eine berufliche Auswärtstätigkeit aus. Die Gewährung von Reisekosten ist allerdings bzgl. der Fahrten in ein weiträumiges Arbeitsgelände eingeschränkt.[5] Der Gesetzgeber regelt für die arbeitstäglichen Fahrten in ein weiträumiges Arbeitsgebiet ausdrücklich die Anwendung der Entfernungspauschale, sodass bzgl. der Fahrtkosten eine Gleichstellung mit den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erreicht wird.[6]



Mit Blick auf das durch das Einkommensteuergesetz gebotene Nettoprinzip kann als erste Tätigkeitsstätte beim Dritten nur die dauerhafte Zuordnung zu einer nicht arbeitgebereigenen ortsfesten betrieblichen Einrichtung in Betracht kommen. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte führt folgerichtig dazu, dass die einschränkenden Regelungen der Entfernungspauschale bei Einsätzen an arbeitgeberfremden Einrichtungen ausschließlich für den Fall zutreffen, dass der Arbeitnehmer bereits bei Beschäftigungsantritt von einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten Arbeitsstätte beim Dritten ausgehen kann. Nur unter dieser Voraussetzung ist die begrenzte Abzugsfähigkeit von beruflichen Mobilitätskosten sachgerecht, da es dem Arbeitnehmer nur insoweit möglich ist, sich auf die immer gleichen arbeitstäglichen Wege durch entsprechende (kostensparende) Maßnahmen einzurichten. Entscheidend hierfür ist allein die arbeitsrechtliche oder alternativ die zeitlich orientierte Zuordnung, die unbefristet, für die gesamte Beschäftigungsdauer oder für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten die betreffende betriebsfremde Einrichtung und damit den auswärtigen Einsatzort als erste Tätigkeitsstätte festlegen muss.[7]

Die Betriebsstätte eines Konzernunternehmens behandelt die Finanzverwaltung nicht als arbeitgebereigene Einrichtung. Dasselbe gilt für den Betrieb des Entleihers bei Leiharbeitsverhältnissen. Wegen ihrer praktischen Bedeutung sind die Sonderfälle der Arbeitnehmerentsendung im Konzern und der ersten Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitsverhältnissen einem gesonderten Abschnitt vorbehalten.[8]



2.4 Dauerhafte Zuordnung

Weitere Voraussetzung des neuen Arbeitsortbegriffs "erste Tätigkeitsstätte" ist, dass der Arbeitnehmer einer der oben genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft zugeordnet ist. Das Gesetz nennt dabei abschließend 2 Fallgruppen, die eine dauerhafte Zuordnung begründen können. Von einer dauerhaften Zuordnung im Sinne einer ersten Tätigkeitsstätte ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer



                  •    nach dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen oder die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen einer der genannten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist (arbeitsrechtliches Zuordnungsprinzip) oder

                  •    zeitlich in der genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft



◦   typischerweise arbeitstäglich,

◦   2 volle Arbeitstage pro Woche oder

◦   ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (quantitatives Zuordnungsprinzip).

Die Abgrenzung ist bei beiden Fallgruppen anhand einer im Voraus zu treffenden Prognoseentscheidung vorzunehmen, deren Grundlage die dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Festlegungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind. Diese sog. Ex-ante-Betrachtung hat regelmäßig zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen. Vorrang hat nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die arbeitsrechtliche Zuordnung. Deshalb sind auch Zeiträume vor 2014 in die Prüfung der dauerhaften Zuordnung einzubeziehen. Die zeitliche Abgrenzung ist als subsidiäre Alternative festgelegt, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitgeber keine dienst- bzw. arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte getroffen hat oder diese nicht eindeutig ist.



2.4.1 Arbeitsrechtliche Zuordnung

Bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung bestimmt der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts, wo der Arbeitnehmer tätig wird. Dieser arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung schließt sich das Steuerrecht an. Dies gilt unabhängig davon, ob die arbeitsrechtlichen Festlegungen schriftlich oder mündlich erteilt werden. Diese Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer Tätigkeitsstätte muss nach der Prognoseeinschätzung auf Dauer angelegt sein. Das Gesetz nennt beispielhaft, in welchen Fällen von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen ist. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit ist danach erfüllt, wenn der Arbeitnehmer an der durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers festgelegten betrieblichen Einrichtung



                  •    unbefristet,

                  •    für die Dauer des Dienstverhältnisses oder

                  •    über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten

tätig werden soll. Dauerhaft kann danach auch die dienstliche Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten sein. Als Folge der in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise kommt im Falle der Verlängerung einer zunächst auf weniger als 48 Monate geplanten Abordnung an eine ortsfeste betriebliche Einrichtung wird diese nur dann als erste Tätigkeitsstätte in Frage, wenn der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung dort noch länger als 48 Monate eingesetzt werden soll.



 

Praxis-Beispiel

Keine erste Tätigkeitsstätte durch Einsatzverlängerung bis zu 4 Jahren

Ein bei einer Pharma-AG in Stuttgart unbefristet beschäftigter Software-Entwickler wird für eine Projektdauer von voraussichtlich 18 Monaten dem betrieblichen Standort in Karlsruhe zugeordnet. Als erste Tätigkeitsstätte ist der Betriebssitz in Stuttgart festgelegt. Nach 14 Monaten wird die Abordnung um weitere 3 Jahre verlängert.

Der Arbeitnehmer hat seine erste Tätigkeitsstätte auch während der Abordnung nach Karlsruhe in Stuttgart. Obwohl der Arbeitnehmer insgesamt 50 Monate und damit länger als 4 Jahre in Karlsruhe eingesetzt ist, begründet er dort aufgrund der gebotenen Prognose-Betrachtung keine erste Tätigkeitsstätte. Weder im Zeitpunkt der erstmaligen Zuordnung noch im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung ist der Software-Entwickler für mehr als 48 Monate (= dauerhaft) an der Zweigstelle Karlsruhe eingesetzt.



Etwas anders würde vorliegend gelten, wenn die Verlängerungsentscheidung einen Restzeitraum von mehr als 4 Jahren umfasst. In diesem Fall wird die erste Tätigkeitsstätte ab der Verlängerungsentscheidung mit Wirkung für die Zukunft am Standort in Karlsruhe begründet. Für die ersten 14 Monate bleibt die Tätigkeit in Karlsruhe eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit, für die der Arbeitnehmer Reisekosten in Anspruch nehmen kann.

Für die mehrfache Verlängerung einer Abordnung an eine auswärtige betriebliche Einrichtung (sog. Kettenabordnung) bedeutet die in die Zukunft wirkende Prognoseentscheidung, dass solange keine dauerhafte Zuordnung im Sinne einer ersten Tätigkeitsstätte vorliegen kann, wie durch die einzelne Abordnung ab diesem Zeitpunkt jeweils ein restlicher Beschäftigungszeitraum von nicht mehr als 48 Monaten verbleibt. Jeder neue Beschäftigungsabschnitt unterliegt einer eigenständigen Prüfung der 48-Monatsgrenze.

Evtl. Änderungen hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber sind auch in anderen Fällen nur mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen (Ex-ante-Betrachtung).



 

Praxis-Beispiel

Keine rückwirkende Änderung der arbeitsrechtlichen Festlegung

Ein Bankmitarbeiter ist laut dienstlicher Anweisung 3 Tage in der Woche an der als erste Tätigkeitsstätte festgelegten Hauptstelle A und Donnerstag und Freitag an der Zweigstelle in B beschäftigt. Ab 1.7.2014 legt der Arbeitgeber B als erste Tätigkeitsstätte fest.

Bis 30.6.2014 hat der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung seine erste Tätigkeitsstätte an der Hauptstelle A. Ab 1.7.2014 wird die Zweigstelle B zur ersten Tätigkeitsstätte.



Eine Änderung der Zuordnung kann auch vorliegen, wenn sich die berufliche Tätigkeit beim Arbeitgeber inhaltlich ändert, z. B. wenn ein Außendienstmitarbeiter auf Dauer in den Innendienst wechselt. Dasselbe gilt, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse durch andere unvorhersehbare Ereignisse ändern, etwa bei Krankheit oder wirtschaftlicher Probleme des Arbeitgebers. Die ursprünglich getroffene Prognoseentscheidung bzgl. der ersten Tätigkeitsstätte bleibt für die Vergangenheit maßgebend.

Nach einer arbeitgeberseitigen dauerhaften Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers kommt es nicht mehr darauf an, in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit an dieser oder auch an anderen Tätigkeitsstätten ausübt. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer diese Tätigkeitsstätte nachhaltig immer wieder aufsucht und an der vom Arbeitgeber als erste Tätigkeitsstätte festgelegten betrieblichen Einrichtung seinen quantitativen Schwerpunkt seiner Arbeit hat.



 

Praxis-Beispiel

Vorrang der arbeitsrechtlichen Zuordnung

Ein Außendienstmitarbeiter ist jeweils freitags einen halben Arbeitstag mit Büroarbeiten am Betriebssitz seiner Firma beschäftigt. Als erste Tätigkeitsstätte legt der Arbeitgeber ab 1.1.2014 den Betriebssitz fest.

Aufgrund der arbeitsrechtlichen Festlegung ist der Betriebssitz des Arbeitgebers die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers. Auf den Umfang der dort verrichteten Arbeitsleistung kommt es nicht an. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitgeber fallen unter die Entfernungspauschale. Steht dem Außendienstmitarbeiter ein Firmenwagen zur Verfügung, entsteht für diese Fahrten ein geldwerter Vorteil, der bei Anwendung der 1-%-Methode mit der Monatspauschale von 0,03 % des Bruttolistenpreises zu versteuern ist.



Das Beispiel macht deutlich, dass die arbeitsrechtliche Zuordnung dort ihre Grenze findet, wo der Arbeitnehmer in der festgelegten Einrichtung des Arbeitgebers keine Arbeiten verrichtet. Die erste Tätigkeitsstätte muss zumindest einen Bezug zu der tatsächlichen Tätigkeit aufweisen. Wenn der Arbeitnehmer in einer vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte wenigstens in geringem Umfang seine Arbeitsleistung erbringt, ist der Zuordnung des Arbeitgebers zu dieser Tätigkeitsstätte zu folgen. Aufgrund des Vorrangs des arbeitsrechtlichen Zuordnungsprinzips sind hierfür auch Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung ausreichend, etwa vorbereitende Außendiensttätigkeiten im Betrieb, Material- bzw. Werkzeugfahrten zum Arbeitgeber oder andere Hilfs- und Nebentätigkeiten wie die Abgabe von Krankmeldungen und Urlaubsanträgen. Die Abgabe von Krank- oder Urlaubsmeldungen durch Dritte (z. B. mittels Post, Bote oder Familienangehörige) reicht für eine Zuordnung allerdings nicht aus, da ein Tätigwerden auch ein persönliches Erscheinen des Arbeitnehmers voraussetzt. Ein bestimmter Mindestumfang, wie oft der Arbeitnehmer an einer ortsfesten Einrichtung Arbeiten zu verrichten hat, damit diese zur ersten Tätigkeitsstätte wird, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Unbestritten ist, dass es ausreicht, wenn der Arbeitnehmer einmal pro Monat (Hilfs- oder Neben-)Tätigkeiten in der Firma verrichtet, um diese arbeitsrechtlich als erste Tätigkeitsstätte festzulegen. Diese Faustregel wird auch von den Finanzämtern anerkannt.



 

Wichtig

Nachweis der arbeitsrechtlichen Zuordnung

Die arbeitsrechtliche Zuordnung muss eindeutig sein. Der Arbeitgeber hat aus diesem Grund seine Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren. In Betracht kommen hierfür z. B. Regelungen im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in Protokollnotizen, dienstrechtliche Verfügungen, Einsatzpläne, Reisekostenabrechnungen, der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens zu Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber als Nachweis seiner Zuordnungsentscheidung vorgelegte Organigramme. Da bei Firmen-Organigrammen häufig organisatorische Zuordnungen im Vordergrund stehen, können solche Übersichten nicht gegen den Arbeitgeberwillen als Nachweis der arbeitsrechtlichen Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte zugrunde gelegt werden.



Fehlt ein Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer eindeutigen Zuordnung, gilt das quantitative Zuordnungsprinzip als subsidiäre Alternative. Eine dienstliche oder arbeitsrechtliche Regelung mit dem Inhalt, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat, entfaltet keine steuerliche Bindungswirkung. Die Frage, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat, ist in diesem Fall ebenfalls nach den zeitlichen Grenzen der quantitativen Zuordnung zu entscheiden. Der Arbeitgeber kann allerdings ausdrücklich auf eine arbeitsrechtliche Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte verzichten oder festlegen, dass organisatorische Zuordnungen im Betrieb keine erste Tätigkeitsstätte i. S. d. Reisekosten begründen sollen, sondern ausschließlich die zeitliche Grenzen für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte maßgebend sind. Auch in diesen Fällen ist die Abgrenzung nach der subsidiären Alternative des quantitativen Zuordnungsprinzips vorzunehmen.



2.4.2 Quantitative (= zeitliche) Zuordnung

Fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung nach den vorstehenden Kriterien oder ist die getroffene Festlegung nicht eindeutig, ist die dauerhafte Zuordnung nach der zeitlichen Zuordnungsregel zu prüfen. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit muss auch in Bezug auf die zeitlichen Kriterien erfüllt sein. Eine quantitative Zuordnung ist deshalb davon abhängig, dass der Arbeitnehmer die 2-Tage- bzw. 1-Drittel-Grenze während der gesamten (unbefristeten oder befristeten) Beschäftigungsdauer oder für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten an der betreffenden ortsfesten betrieblichen Einrichtung erfüllt. Wie bei der arbeitsrechtlichen Festlegung ist das Merkmal der Dauerhaftigkeit auch beim quantitativen Zuordnungsprinzip aufgrund einer in die Zukunft gerichteten Betrachtungsvorschau zu entscheiden (Ex-ante-Betrachtung).

Die quantitative Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte ist immer erst an zweiter Stelle vorzunehmen. Die zeitliche Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte legt deutlich großzügigere Maßstäbe an als die bis 2013 geltende Vereinfachungsregel. Während bisher bereits ein voller Arbeitstag pro Woche oder 20 % der vereinbarten Arbeitszeit ausreichend waren, um den Tätigkeitsmittelpunkt beim Arbeitgeber zu begründen, sind diese Grenzen ab 2014 auf 2 volle Arbeitstage pro Woche bzw. auf 1/3 der vereinbarten Arbeitszeit angehoben worden.

Während es bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung auf den Umfang und die Art der an der ersten Tätigkeitsstätte verrichteten Arbeiten nicht ankommt, muss der Arbeitnehmer bei Anwendung der zeitlichen Zuordnungsgrenzen dort auch einen Teil seiner arbeitsrechtlichen Hauptleistung erbringen. Nur soweit der Arbeitnehmer dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht, sind diese Arbeiten bei der Berechnung der erforderlichen Zeitgrenzen für das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Nicht ausreichend ist das Aufsuchen der Firma zum Abholen und zur Abgabe von Auftragsbestätigungen, zur Berichtsfertigung, zur Wartung und Pflege des Fahrzeugs, zur Übernahme des Werkstattwagens oder zur Materialaufnahme. Ebenso können organisatorische Hilfstätigkeiten wie die Abgabe von Stundenzettel, Urlaubs- oder Krankmeldungen zu keiner zeitlichen Qualifizierung der aufgesuchten betrieblichen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte führen.



 

Praxis-Beispiel

Keine erste Tätigkeitsstätte durch berufliche Begleitarbeiten

Ein Kundendienstmonteur sucht zweimal wöchentlich morgens (montags) bzw. nachmittags (freitags) die Firma auf, um seine Kundenaufträge sowie das hierfür benötigte Material abzuholen. Für seine berufliche Auswärtstätigkeit steht ihm ein Firmenfahrzeug zur Verfügung. Eine arbeitsrechtliche Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte ist nicht erfolgt.

Allein ein regelmäßiges Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung, z. B. um ein Kundendienstfahrzeug, Material, Auftragsbestätigungen, Stundenzettel, Krankmeldungen o. Ä. abzuholen oder abzugeben, führt noch nicht zu einer Qualifizierung der betrieblichen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte. Für die Prüfung der zeitlichen Zuordnungsgrenzen, die eine erste Tätigkeitsstätte begründen können, ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer einen Teil seiner vertraglichen Hauptleistung an diesem Ort ausübt und nicht nur Arbeiten, die als notwendige Begleiterscheinung Ausfluss der eigentlichen beruflichen Tätigkeit sind. Der Arbeitnehmer hat keine erste Tätigkeitsstätte. Die Fahrten zum Arbeitgeber sind Teil der beruflichen Auswärtstätigkeit. Ein geldwerter Vorteil für die Firmenwagennutzung ist insoweit nicht zu erfassen.



Fehlt es an einer arbeitsrechtlichen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte, wird für den klassischen Außendienstmitarbeiter durch die von großzügigen Grenzen geprägte zeitliche Bestimmung nur noch ausnahmsweise eine erste Tätigkeitsstätte begründet. Insbesondere Handelsvertreter oder Kundendienstmonteure erbringen einen Großteil ihrer Arbeitsleistung im Außendienst und erfüllen weder die 2-Tage- noch die 1-Drittel-Grenze. Vorteile ergeben sich hierdurch vor allem für den Personenkreis der Firmenwageninhaber.

Bei der quantitativen Prüfung kommt es allein auf den Umfang der an der Tätigkeitsstätte zu leistenden arbeitsvertraglichen Arbeitszeit an (mindestens 1 Drittel der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit oder 2 volle Arbeitstage wöchentlich oder arbeitstäglich). Das BMF hat hierzu im Einführungsschreiben die möglichen Fallgruppen in Übersichtsform zusammengefasst, bei denen die quantitative Abgrenzung zu einer ersten Tätigkeitsstätte führt.



3 Sonderfälle der ersten Tätigkeitsstätte

3.1 Mehrere Tätigkeitsstätten

Bisher kann der Arbeitnehmer pro Dienstverhältnis maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte haben.[1] An dieser Regelung wird auch in Bezug auf die erste Tätigkeitsstätte festgehalten. Nur wenn der Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungen ausübt, sind mehrere erste Tätigkeitsstätten möglich. Erfüllen aufgrund der zeitlichen Zuordnungsregel mehrere Tätigkeitsstätten in einem Dienstverhältnis die Voraussetzungen für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte, weist der Gesetzgeber dem Arbeitgeber das Recht zu, die erste Tätigkeitsstätte zu bestimmen.[2] Dabei muss es sich nicht um die Tätigkeitsstätte handeln, an der der Arbeitnehmer den zeitlich überwiegenden oder qualitativ bedeutsameren Teil seiner beruflichen Tätigkeit ausübt. Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, legt das Gesetz diejenige Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte fest, die der Wohnung des Arbeitnehmers örtlich am nächsten liegt.[3] Wird der Arbeitnehmer an einer der anderen betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig, liegt eine berufliche Auswärtstätigkeit vor, die unter die Reisekostenregelung fällt.



 

Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte bei mehreren betrieblichen Einrichtungen

Ein leitender Angestellter ist jeweils von Montag bis Mittwoch am Firmensitz in Frankfurt tätig. Jeweils donnerstags und freitags arbeitet er ganztägig in der Filiale in Darmstadt, wo er auch wohnt. Nach dem Anstellungsvertrag ist der Arbeitnehmer dem Hauptsitz in Frankfurt zugeordnet, wo er die Hauptleistung seiner Arbeit zu erbringen hat.

Nach der zeitlichen Abgrenzung erfüllen 2 betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers die Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte. Durch die eindeutige Bestimmung des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte in Frankfurt. Die Fahrten am Donnerstag und Freitag nach Darmstadt sind eine berufliche Auswärtstätigkeit, für die der leitende Angestellte Reisekosten in Anspruch nehmen kann.



Denkbar wäre im vorigen Beispiel auch die arbeitgeberseitige Festlegung der Filiale Darmstadt als erste Tätigkeitsstätte. Unerheblich ist, dass der leitende Angestellte dort lediglich zwei Tage und damit nicht zeitlich überwiegend beruflich tätig ist. Dieselbe Lösung würde sich ergeben, wenn der Arbeitgeber von seinem Bestimmungsrecht keinen Gebrauch macht. Die Filiale Darmstadt ist die betriebliche Einrichtung, die der Wohnung des Arbeitnehmers örtlich am nächsten liegt.



3.2 Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Bei dem bis zum 31.12.2013 geltenden Recht konnte nicht nur ein fester Ort, sondern auch ein weiträumiges Arbeitsgebiet als regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht kommen. Nach der Rechtsprechung galt das für



                  •    ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers, z. B. ein größeres Werksgelände, das Flughafenareal[1], ein Hafengebiet, der Universitätscampus sowie der Bereich eines Klinikums oder

                  •    Einsatzstellen, die aneinander grenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, falls das Gelände nicht dem Arbeitgeber zugerechnet werden kann. Beispiele hierfür sind der Zustellbezirk eines Zeitungsausträgers[2] oder das Waldrevier bei Forstarbeitern.[3]

Der Begriff des weiträumigen Tätigkeitsgebiets ist auch im Reisekostenrecht 2014 von Bedeutung, allerdings mit anderen inhaltlichen Rechtswirkungen. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, eine gesetzliche Definition für diesen von der Rechtsprechung geprägten Arbeitsstättenbegriff einzuführen. Aus diesem Grund ist an den bisherigen Abgrenzungskriterien festzuhalten. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt danach vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche ausgeübt werden soll in Abgrenzung zur Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung. Ein sog. weiträumiges Arbeitsgebiet liegt aber nicht schon deshalb vor, weil der Arbeitnehmer ständig in einem Gemeindegebiet, im Bereich einer Großstadt oder in einem durch eine Kilometergrenze bestimmten Arbeitsgebiet an verschiedenen Stellen tätig wird. Keine weiträumige Arbeitsstätte begründen deshalb z. B. das Großstadtrevier einer Politesse oder der Stadtbezirk eines städtischen Bauhofmitarbeiters sowie das Einsatzgebiet von mobilen Pflegekräften. Kein weiträumiges Arbeitsgebiet ist aufgrund seiner Größe der Hamburger Hafen.[4]

Ab 2014 erfährt das Rechtsinstitut der weiträumigen Tätigkeitsstätte eine inhaltlich andere Bedeutung innerhalb der lohnsteuerlichen Reisekostenbestimmungen. Während das weiträumige Arbeitsgebiet bislang als Sonderfall der regelmäßigen Arbeitsstätte galt, lässt sich diese Bedeutung auf den neu definierten Nachfolgebegriff der ersten Tätigkeitsstätte nicht übertragen. Als erste Tätigkeitsstätte kommt nur eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines Konzernunternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten in Frage. Da der Arbeitnehmer bzgl. seiner Einsätze in einem weiträumigen Arbeitsgebiet nicht an einer ersten Tätigkeitsstätte seine Arbeit verrichtet, sind Fahrten zur weiträumigen Tätigkeitsstätte sowie die anschließende Arbeitsleistung aufgrund der gesetzlichen neu definierten Begriffsbestimmung als berufliche Auswärtstätigkeit zu beurteilen. Gleichwohl zählen die hierbei anfallenden Fahrtkosten zwischen Wohnung und Einsatzgebiet nicht zu den begünstigten Reisekosten. Das Gesetz fingiert eine Gleichstellung mit den Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte beim Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer



                  •    keine erste Tätigkeitsstätte hat und

                  •    aufgrund der arbeitsrechtlichen Weisungen seines Arbeitgebers arbeitstäglich dauerhaft dasselbe weiträumige Arbeitsgebiet aufsucht.[5]

Nach den Reisekostenbestimmungen 2014 sind für diese Fahrten die einschränkenden Regelungen der Entfernungspauschale anzuwenden.[6] Für die Berechnung ist auf die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und dem nächst gelegenen Zugang zum weiträumigen Arbeitsgebiet abzustellen. Die gesetzliche Fiktion beschränkt sich auf die Fahrtkosten zum Einsatzort. Die übrigen Reisekostenregelungen bleiben daher anwendbar. Auf die Gewährung von Verpflegungspauschalen, für deren Berechnung die Abwesenheitsdauer bereits mit dem Verlassen Wohnung läuft, oder Übernachtungskosten nach den Reisekostenbestimmungen hat die gesetzliche Sonderregelung ebenfalls keinen Einfluss. Der Arbeitnehmer ist weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit reisekostenrelevant beruflich auswärts tätig.



 

Praxis-Beispiel

Weiträumige Tätigkeitsstätte bei Forstarbeitern

Ein Arbeitnehmer ist seit 1.1.2014 als Waldarbeiter in einem Forstbezirk beschäftigt. Der Forstbezirk umfasst mehrere nebeneinander liegende Waldgebiete, die der Arbeitnehmer arbeitstäglich über dieselbe Straßenverbindung aufsucht. Der Arbeitnehmer hat keine erste Tätigkeitsstätte, da weder eine arbeitsrechtliche Festlegung erfolgt ist noch die zeitlichen Grenzen der quantitativen Zuordnungsregelung erfüllt sind.

Der Forstbezirk stellt ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet dar, wenn die Einsatzstellen aneinander angrenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen.

Die arbeitstäglichen Fahrten zum Forstbezirk sind deshalb Fahrten im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit, für die aufgrund der gesetzlichen Sonderregelung nur die Entfernungspauschale angesetzt werden kann. Die Fahrten innerhalb des Forstbezirks sind den Reisekosten zuzurechnen. Für Tage, an denen die zeitliche Abwesenheit mehr als 8 Stunden beträgt, erhält der Waldarbeiter die Verpflegungspauschale von 12 EUR für die Tätigkeit im Forstbezirk.



3.3 Leiharbeitsverhältnisse

Das Reisekostenrecht 2014 bewirkt Änderungen hinsichtlich der Gewährung steuerfreier Auslösungen für den Personenkreis der Leiharbeitnehmer. Die gesetzliche Erweiterung des Tätigkeitsbegriffs, nach der in bestimmten Fällen auch die betriebliche Einrichtung eines Dritten als dauerhafter Einsatzort kein auswärtiger Beschäftigungsort i. S. d. Reisekostenrechts darstellt, macht es erforderlich, Zeitarbeits- und Leiharbeitsverträge an die geänderte Rechtslage anzupassen. Wegen der bei Leiharbeitsverhältnissen bestehenden Besonderheit, dass der tatsächliche Einsatzort und der Ort des Verleiharbeitgebers auseinanderfallen, ist die Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte nicht nur arbeitgeberbezogen, sondern auch entleiherbezogen vorzunehmen. Die erste Tätigkeitsstätte kann der Leiharbeitnehmer zum einen bei der Verleihfirma begründen, wenn er seinen Arbeitgeber mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht und der Arbeitgeber von der ihm gebotenen Möglichkeit der arbeitsrechtlichen Zuordnung Gebrauch macht. Auf den Umfang und den Inhalt der dort verrichteten Arbeiten kommt es nicht an. Ausreichend ist es, wenn der Arbeitnehmer in die Zeitarbeitsfirma zu Kontrollzwecken, zur Abgabe von Stundennachweisen und anderen organisatorischen Aufgaben fährt. Insoweit sind die allgemein für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte in einer ortsfesten betrieblichen Arbeitgebereinrichtung geltenden Grundsätze zu beachten (arbeitsrechtliche Zuordnung). Keine praktische Bedeutung dürfte in Bezug auf den Arbeitgeber der zeitlich orientierten Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte zukommen (quantitative Zuordnung). Der Leiharbeitnehmer wird regelmäßig weder 1/3 seiner vertraglichen Arbeitszeit noch 2 Arbeitstage pro Woche Arbeiten im Betrieb des Verleihers verrichten und dort im Normalfall zeitlich keine erste Tätigkeitsstätte begründen.

Nach den neuen Reisekostenbestimmungen kann zum anderen die betriebliche Einrichtung eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten eine erste Tätigkeitsstätte sein, wenn der Arbeitnehmer dort dauerhaft eingesetzt werden soll. Ausgehend von den allgemein für arbeitgeberfremde betriebliche Einrichtungen geltenden Kriterien kommt dadurch bei Leiharbeitnehmern anstelle der betrieblichen Einrichtung des Leiharbeitgebers auch die Betriebsstätte des Entleihers als erste Tätigkeitsstätte in Frage. Voraussetzung ist, dass der Zeitarbeitnehmer für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses, unbefristet oder länger als 48 Monate in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung der Entleiherfirma tätig werden soll. Für Lohnzahlungszeiträume ab 2014 ist die Rechtsprechung überholt, die aufgrund des typischen Berufsbilds für Leiharbeitnehmer das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte generell verneint hat und von der Reisekostenart Einsatzwechseltätigkeit ausgegangen ist.[1] Für die zeitliche Prüfung der dauerhaften Tätigkeit an einer betrieblichen Einrichtung der Entleiherfirma ist es erforderlich, dass der Zeitarbeiter während der Gesamtdauer des Dienstverhältnisses oder zeitlich unbefristet bzw. länger als 48 Monaten in der auswärtigen Entleihereinrichtung eingesetzt werden soll. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Zeitarbeitsvertrag den Einsatz auf einen Entleiher beschränkt oder die Überlassung an verschiedene Firmen zulässt. Während die steuerliche Beurteilung im ersten Fall ausschließlich in Bezug auf den mit dem Arbeitgeber geschlossenen Zeitarbeitsvertrag vorzunehmen ist, ist für einen dauerhaften Entleihereinsatz in den übrigen Fällen auf den jeweiligen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abzustellen. Die folgenden beiden Fallgruppen sind zu unterscheiden:



                  •    Zeitarbeitsvertrag umfasst einen Entleihereinsatz

Unabhängig davon, ob ein befristeter oder unbefristeter Zeitarbeitsvertrag geschlossen wird, ist von einer dauerhaften Auswärtstätigkeit i. S. d. ersten Tätigkeitsstätte beim Entleiher dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen während seines Zeitarbeitsverhältnisses nur an ein Unternehmen überlassen werden kann. Bei einem befristeten Überlassungsvertrag muss demzufolge der mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossene Leiharbeitsvertrag eine zeitgleiche Befristung enthalten, damit der Zeitarbeiter für die Gesamtdauer des Dienstverhältnisses (= Zeitarbeitsvertrag) an der betrieblichen Einrichtung desselben Entleihers eingesetzt werden kann. Wird der Leiharbeitnehmer nur für die Dauer eines bestimmten Projekts eingestellt und das Arbeitsverhältnis endet danach, ist er in Bezug auf sein befristetes Dienstverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma auf Dauer bei demselben Entleiher eingesetzt. Die entgegenstehende Rechtsprechung betrifft die Rechtslage bis zum 31.12.2013 und ist durch die gesetzlichen Reisekostenvorschriften überholt.[2]



 

Praxis-Beispiel

Projektbezogener Zeitarbeitsvertrag

Ein in Ludwigshafen wohnhafter Ingenieur wird zur Abwicklung eines Großauftrags von einer Zeitarbeitsfirma in Stuttgart für 2 Jahre eingestellt und an eine Hoch-Tief AG zum Einsatz in der in Karlsruhe gelegenen Betriebsstätte verliehen. Der mit der Baufirma abgeschlossene Arbeitnehmerüberlassungsvertrag endet zeitgleich mit dem Arbeitsverhältnis zur Verleiherfirma.

Der Leiharbeitnehmer begründet vom ersten Tag der Tätigkeit in Karlsruhe seine erste Tätigkeitsstätte am Einsatzort des Entleihers. In Bezug auf das Leiharbeitsverhältnis ist die Tätigkeit dort nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Aufgrund der zeitlichen Befristung seines mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossenen Arbeitsvertrags muss der Arbeitnehmer nicht damit rechnen, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Die arbeitstäglichen Fahrten von seiner Wohnung in Ludwigshafen zum Büro in Karlsruhe erfolgen deshalb nicht im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit. Der Leiharbeitnehmer kann für die Tätigkeit an der Betriebsstätte der Hoch-Tief AG in Karlsruhe keine Reisekosten erhalten.



Anders verhält es sich, wenn der Leiharbeitnehmer bereits durch die Art der Tätigkeit beim Entleiher eine Auswärtstätigkeit ausübt. Wäre im Beispielsfall der Ingenieur ausschließlich auf einer Baustelle eines Kunden des Entleihers eingesetzt, begründet er wie andere von der Baufirma festangestellte Bauarbeiter während des Leiharbeitsverhältnisses keine erste Tätigkeitsstätte und kann für die 2-jährige Auswärtstätigkeit Reisekosten erhalten.



                  •    Unbefristeter oder auf mehr als 48 Monate befristeter Überlassungsvertrag

Ein dauerhafter Einsatz des Leiharbeitnehmers an einer ortsfesten Betriebsstätte der Entleiherfirma liegt auch dann vor, wenn der zwischen Zeitarbeitsfirma und dem Entleiher abgeschlossene Arbeitnehmerüberlassungsvertrag keine Befristung (z. B. "bis auf weiteres") oder eine befristete Laufzeit von mehr als 48 Monaten vorsieht. Sucht der Zeitarbeitnehmer die betriebliche Einrichtung des Leihunternehmens arbeitstäglich bzw. an mindestens zwei vollen Arbeitstagen pro Woche auf oder verrichtet er dort mindestens 1/3 der vereinbarten Arbeitsleistung, wird diese zur ersten Tätigkeitsstätte (quantitative Zuordnung), wenn mangels Tätigkeiten bei der Zeitarbeitsfirma keine abweichende arbeitsrechtliche Festlegung getroffen worden ist.



 

Praxis-Beispiel

Unbefristete Arbeitnehmerüberlassung

Ein in Darmstadt wohnhafter Diplom-Kaufmann ist von einer Frankfurter Zeitarbeitsfirma dauerhaft eingestellt. Ab 1.1.2014 wird er "bis auf Weiteres" als kaufmännischer Mitarbeiter an ein Industrieunternehmen in Mannheim überlassen.

Da der Überlassungsvertrag keine zeitliche Befristung enthält (das BMF setzt die Formulierung "bis auf Weiteres" mit unbefristet gleich), ist der Betrieb des Entleihers von Beginn an die erste Tätigkeitsstätte des Zeitarbeitnehmers. Die arbeitstäglichen Fahrten zwischen der Wohnung in Darmstadt und Mannheim fallen unter die Entfernungspauschale. Steuerfreie Reisekosten sind für den Einsatz in Mannheim ausgeschlossen.



Dieselbe Lösung würde sich bei einer befristeten Arbeitnehmerüberlassung ergeben, die einen Einsatz des Diplomkaufmanns für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten vorsieht. Der Gesetzgeber geht auch in diesem Fall von einer dauerhaften Tätigkeit i. S. d. ersten Tätigkeitsstätte an der betrieblichen Einrichtung der Entleiherfirma aus.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die neuen Reisekostenbestimmungen in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung nur dann zu einer begünstigten beruflichen Auswärtstätigkeit führen, wenn durch die Tätigkeit für den Entleiher am auswärtigen Einsatzort keine erste Tätigkeitsstätte begründet wird. Nach den dargestellten Abgrenzungskriterien ist dies immer dann der Fall, wenn der konkrete Arbeitnehmerüberlassungsvertrag befristet auf einen Zeitraum von längstens 48 Monaten abgeschlossen wird und der mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossene Arbeitsvertrag keine zeitgleiche Befristung enthält.



 

Praxis-Tipp

Gestaltungsmöglichkeiten bei Leiharbeitsverhältnissen

Mit den von der Finanzverwaltung aufgestellten Abgrenzungsmerkmalen hat es die Zeitarbeitsfirma in der Hand, zu der für Leiharbeitnehmer in der Vergangenheit geltenden steuergünstigen Besteuerungspraxis zurückzukehren. Zunächst ist darauf zu achten, dass der Leiharbeitervertrag mit der Zeitarbeitsfirma nicht befristet für einen Auftrag bzw. für ein Projekt und damit begrenzt auf den Einsatz bei einem Entleiher abgeschlossen wird. Erfolgt der Abschluss des einzelnen Überlassungsvertrags mit dieser Maßgabe zeitlich befristet auf eine Laufzeit von maximal 48 Monaten, wird beim Entleiher keine erste Tätigkeitsstätte begründet. Der Leiharbeitnehmer kann für die Gesamtdauer seines Einsatzes bei der Entleiherfirma Reisekosten beanspruchen. Lediglich für die Verpflegungsmehraufwendungen ist die gesetzliche 3-Monats-Frist zu beachten. Dasselbe gilt, wenn der Leiharbeitnehmer – zumindest in geringem Umfang – auch an der betrieblichen Einrichtung der Zeitarbeitsfirma tätig ist, sodass die tatsächlichen Voraussetzungen die vorrangige arbeitsrechtliche Festlegung seiner ersten Tätigkeitsstätte am Betriebssitz des Zeitarbeitgebers ermöglichen. Auch in diesem Fall stellt der Entleihereinsatz eine begünstigte Auswärtstätigkeit dar.



3.4 Entsendung im Konzern

Die Betriebsstätte eines Konzernunternehmens behandelt die Finanzverwaltung schon bisher nicht als arbeitgebereigene Einrichtung. Der durch den Gesetzgeber neu eingeführte, gegenüber der regelmäßigen Arbeitsstätte erweiterte Begriff der ersten Tätigkeitsstätte nennt dagegen die betriebliche Einrichtung eines Konzernunternehmens als ausdrückliche Möglichkeit einer ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers.[1] Wie bei anderen arbeitgeberfremden betrieblichen Einrichtungen ist auch hier eine dauerhafte arbeitsrechtliche oder zeitliche Zuordnung zum aufnehmenden Konzernunternehmen Voraussetzung für eine dortige erste Tätigkeitsstätte. Dabei sind in der Praxis zwei Fallvarianten zu unterscheiden, je nachdem ob der Einsatz beim auswärtigen Konzernunternehmen auf der Grundlage eines Entsendevertrags oder eines eigenständigen Arbeitsvertrags erfolgt. Die Unterscheidung ist auch für die Frage bedeutsam, wo der entsandte Arbeitnehmer bei Konzerneinsätzen seine erste Tätigkeitsstätte hat.



                  •    Arbeitnehmerüberlassung durch Entsendevertrag

Wird ein Arbeitnehmer zwischen verbundenen Unternehmen ohne Abschluss eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden Unternehmen in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dieses Unternehmens tätig, liegt beim aufnehmenden Unternehmen eine erste Tätigkeitsstätte nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer von seinem entsendenden Arbeitgeber durch den Entsendevertrag einer ortsfesten Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens unbefristet zugeordnet ist, die Zuordnung die Dauer des gesamten – befristeten oder unbefristeten – Dienstverhältnisses umfasst oder die Zuordnung über einen Zeitraum von 48 Monaten hinausreicht.[2]



 

Praxis-Beispiel

Arbeitnehmerüberlassung im Konzern durch Entsendevertrag

Ein leitender Angestellter, der bei der Konzernmutter in Frankfurt beschäftigt ist, wird im Rahmen der Umstrukturierung des Konzerns zum Aufbau einer neuen Vertriebsabteilung an ein Tochterunternehmen in Mainz abgeordnet. Der Entsendevertrag sieht eine Zuordnung für einen Zeitraum von 18 Monaten vor. Da die Entfernung vom Wohnort nur 40 Kilometer beträgt, fährt der Arbeitnehmer täglich mit dem Pkw zu seinem vorübergehenden Arbeitsort.

Die befristete Abordnung an das Tochterunternehmen ist für die gesamte Dauer eine vorübergehende berufliche Auswärtstätigkeit. Das Tochterunternehmen ist eine betriebsfremde Einrichtung und kann infolge des zeitlich befristeten Einsatzes, der nur 18 Monate dauert (48-Monats-Grenze), keine dauerhafte erste Tätigkeitsstätte sein. Der Arbeitnehmer darf für sämtliche Fahrten während des 18-Monats-Zeitraums den Reisekostensatz von 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer ansetzen. Die 3-Monats-Frist hat für die Fahrtkosten bei einer beruflichen Auswärtstätigkeit keine Bedeutung. Im Unterschied dazu ist der Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund der für diesen Bereich weiter bestehenden 3-Monats-Frist ab dem 4. Monat ausgeschlossen.



Sieht der Inhalt des Entsendevertrags keine ausdrückliche Festlegung bzgl. der ersten Tätigkeitsstätte vor oder ist die getroffene Festlegung nicht eindeutig, ist die erste Tätigkeitsstätte für die Entsendezeit nach den quantitativen Zuordnungskriterien zu bestimmen. Für den vorliegenden Sachverhalt führt auch das zeitliche Zuordnungsprinzip zu keiner anderen Lösung.



                  •    Arbeitnehmerüberlassung durch Arbeitsvertrag

Eine andere Sichtweise ergibt sich für den Fall, dass der Mitarbeiter für die Dauer der Arbeitnehmerentsendung mit dem aufnehmenden Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertag abschließt. Während das Dienstverhältnis zum bisherigen (Konzern-)Arbeitgeber ruht, wird das aufnehmende Konzernunternehmen für dieses Dienstverhältnis zu einer arbeitgebereigenen Einrichtung. Die dauerhafte Zuordnung ist ausschließlich in Bezug auf den mit dem verbundenen Unternehmen (= neuer zivilrechtlicher Arbeitgeber) bestehenden Arbeitsvertrag zu beurteilen. Der entsandte Arbeitnehmer hat deshalb von Beginn an seine (neue) erste Tätigkeitsstätte bei der aufnehmenden Konzernfirma, wenn er nach den arbeitsrechtlichen bzw. ggf. zeitlichen Festlegungen des neuen Arbeitgebers einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Unternehmens unbefristet zugeordnet ist, die Zuordnung die Dauer des gesamten – befristeten oder unbefristeten – Dienstverhältnisses umfasst oder die Zuordnung über einen Zeitraum von 48 Monaten hinausreicht.

Praxis-Beispiel

Arbeitnehmerüberlassung im Konzern durch Arbeitsvertrag
Sachverhalt wie im vorigen Beispiel. Allerdings ruht das mit dem bisherigen Arbeitgeber (Konzernmutter) abgeschlossene Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der Abordnung. Das verbundene Tochterunternehmen schließt mit dem Arbeitnehmer für die 18-monatige Dauer der Entsendung einen eigenständigen Arbeitsvertrag ab und ordnet den Arbeitnehmer für die Gesamtdauer der Auswärtsbeschäftigung seiner Vertriebsabteilung zu.
Das mit dem aufnehmenden Unternehmen abgeschlossene Arbeitsverhältnis ist eigenständig zu beurteilen. Die Tochtergesellschaft wird hierdurch zivilrechtlich Arbeitgeber des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat in der ortsfesten betrieblichen Einrichtung des verbundenen Unternehmens (= neuer Arbeitgeber) von Beginn an seine (neue) erste Tätigkeitsstätte. Die zeitliche Begrenzung auf 18 Monate steht dem nicht entgegen, da der Arbeitnehmer dem Betriebssitz der Tochtergesellschaft für die Gesamtdauer des befristeten Dienstverhältnisses und damit dauerhaft zugeordnet ist. Der Arbeitnehmer kann für den gesamten Zeitraum seiner Entsendung nur Fahrtkosten nach den Regeln der begrenzt abzugsfähigen Entfernungspauschale geltend machen. Da keine reisekostenrechtliche Auswärtstätigkeit vorliegt, ist ein steuerfreier Arbeitgeberersatz für die Einsatzdauer in Mainz ausgeschlossen.

3.5 Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte
Nach der Rechtsprechung fällt der Besuch einer auswärtigen Bildungseinrichtung im Rahmen einer Bildungsmaßnahme, die nicht Ausfluss aus einem bestehenden Dienstverhältnis ist, als berufliche Auswärtstätigkeit unter die Reisekosten.[1] Die Bildungsmaßnahme wird nach der Rechtsauffassung des BFH auch bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte.
Abweichend hiervon legt der Gesetzgeber auch eine Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte fest, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird.[2] Die Fahrten zur Bildungseinrichtung fallen damit unter die Regeln der Entfernungspauschale. Hier kommt eine weitergehende Berücksichtigung der Kosten nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung in Betracht, wenn der Steuerpflichtige auswärts untergebracht ist.

Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte bei Vollzeit-Bildungsmaßnahmen
Der Schreinergeselle H wohnt und arbeitet in Freiburg. In 2014 beendet er sein Arbeitsverhältnis, um einen Meisterkurs in Vollzeit zu besuchen. Von Januar bis Dezember fährt er täglich mit dem eigenen Pkw zur Handwerkskammer in Offenburg (Entfernung 60 km).
Die Weiterbildung zum Meister ist bereits bisher der Fortbildung und damit dem Bereich der Werbungskosten zugerechnet worden. Während die Kursgebühren und Arbeitsmittel unverändert abzugsfähig sind, beurteilt sich die Höhe der übrigen Werbungskosten aufgrund der gesetzlichen Neuregelung nicht nach (Dienst-)Reisegrundsätzen. Die Meisterschule in Offenburg stellt kraft gesetzlicher Fiktion eine erste Tätigkeitsstätte für die Gesamtdauer der Fortbildungsmaßnahme dar. Die Fahrten zur Bildungseinrichtung können nur in Höhe der Entfernungspauschale also pro Tag mit 18 EUR (0,30 EUR × 60 km) berücksichtigt werden. Verpflegungsmehraufwendungen sind nicht abzugsfähig, auch soweit der Arbeitnehmer länger als 8 Stunden von zu Hause abwesend ist.

Die Abgrenzung des Begriffs "Vollzeit-Bildungsmaßnahme" nimmt die Finanzverwaltung in Anlehnung an die für über 18 Jahre alte Kinder getroffene Regelung vor, die nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung nur noch eine Berücksichtigung zulässt, wenn das Kind einer eingeschränkten Erwerbstätigkeit nachgeht. Ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsmaßnahme liegt insoweit vor, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seines Studiums oder im Rahmen der Bildungsmaßnahme für einen Beruf ausgebildet wird und daneben entweder keiner Erwerbstätigkeit nachgeht oder während der gesamten Ausbildung nur eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit oder einen Mini-Job ausübt.

Praxis-Tipp

Erste Tätigkeitsstätte bietet ab 2014 weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten

Als Fazit des neuen Begriffs der Tätigkeitsstätte ist festzuhalten, dass das Gesetz weitreichende arbeitsrechtliche Möglichkeiten des Arbeitgebers für die Zuordnung seiner Arbeitnehmer zu einer ersten Tätigkeitsstätte vorsieht. Macht der Arbeitgeber von der Festlegung einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte Gebrauch, ist diese Festlegung für das steuerliche Reisekostenrecht bindend. Wegen der vorrangigen Anknüpfung des Steuerrechts an das Arbeitsrecht sind die (subsidiären) quantitativen Kriterien dann unbeachtlich. Wer evtl. Nachteile einer zeitlichen Abgrenzung vermeiden möchte, z. B. im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung hinsichtlich der Aberkennung steuerfreier Reisekosten oder einer höheren Firmenwagenbesteuerung, dem ist anzuraten, den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich einer ersten Tätigkeitsstätte dauerhaft zuzuordnen. Die im neuen Reisekostenrecht vorrangig zu berücksichtigende arbeitsrechtliche Zuordnung kann auch ab 1.1.2014 jederzeit nachgeholt werden, dann allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft.

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